Dieses Blog durchsuchen

Samstag, 25. Oktober 2014

Ossobuco alla milanese

Ich habe irgendwann den Drang entwickelt Klassiker zu kochen wie sie ursprünglich erfunden wurden. Was sie waren, was sie meinten, bevor wilde Ideen dazu kamen, die sich in die kollektive Kocherei einbrannten. Mais im Chili con carne und sowas. Doch dazu an anderer Stelle mehr. Also zum Chili jetzt.

Glücklicherweise bin ich der italienischen Sprache mächtig und nach einiger Googelei habe ich den Hintergrund der Basis der Grundlage dieses Gerichts erkannt.

Wie bei den meisten Klassikern liegt auch hier die Arme-Leute-Küche zugrunde. Geld hattense nich, Zeit schon, also die harten, zähen Nahrungsmittel zusammenschmeissen und ab auf den Ofen, der die Wohnstatt heizt, über Nacht, viel auf einmal kochen und immer wieder aufwärmen.

Dass es Kalb sein muss ist schlichtweg falsch. Es waren die Scheiben der Beine alter Rinder, die nicht mehr zur Arbeit taugten, die stundenlang weichgekocht werden mussten.
Dabei hatte das Fleisch Zeit die Gallerte, die Sehnen und das Fett an die Soße abzugeben, sie so zu binden, mürbe zu werden, die mitkochenden Möhren, Zwiebeln, der Sellerie wurden geschmacklich angehoben, der billige (-> sauere) Wein verlor seine präsente Säure, die Zwiebeln und die Möhren gaben Süße - eine runde Sache.

Wichtig sind mir die frischen Kräuter. Kommt schon Leute. Das geht auf jeder Fensterbank oder bei Edeka vom Frischeregal.

Die Gremolata, die so gehyped wird (Wow. Knoblauch, Zitrone und Petersilie. La scoverta dell' America.) mag ich sehr gerne, doch Vorsicht mit der Dosierung. Diente einst dazu den muffigen Geschmack zu übertünchen, also lieber nicht darüber geben sondern getrennt im Schälchen servieren, sonst ist es Gremolata an Beilage und nicht andersrum.

Los geht's.

Rinderbeinscheiben (Kalb kann auch, genauso wie jedes andere größere Viech. Ziege wäre mal interessant. Alter Bock, 5 Stunden in herbem Wein bei niedriger Temperatur. Ich schweife ab.)
Möhren
Zwiebeln
Stangensellerie
Knollensellerie
Fenchel (Geschmacksache)
Knoblauch
Thymian
Rosmarin
Salbei
Lorbeerblätter
Salz und Pfeffer
Wein (trocken! Günstig ist ok)

Gremolata:
Petersilie, Knoblauch und Zitronenschale (Verhältnis ca. 3, 1, 05) trocken vermischen. Kein Olivenöl dazugeben, auch wenn es noch so verführerisch ist. Ruhen lassen.

Beinscheiben gründlich aber vorsichtig abspülen, richtig gut trocken tupfen. Nicht zu vorsichtig salzen (nicht pfeffern, der verbrennt und wird bitter). Beiseite stellen und sich dem Gemüse zuwenden.

Eine Flasche Wein öffnen, ein Glas einschenken, schwenken, riechen, trinken und kurz genießen.

Die Möhren, den Fenchel (wenn verwendet) und Zwiebeln grob hacken, den Rest fein hacken. Nix Julienne oder Brunoise, einfach was feiner. Zwiebeln verkochen und geben Säumigkeit, die groben Möhren geben ein schönes Mundgefühl, der Fenchel Abwechslung weil er auf seinen eigenen Geschmack besteht und ein wenig Biss gibt.

Die Beinscheiben in Mehl wenden, leicht abklopfen.



Pfanne mit Olivenöl und Butter erhitzen (nein, nicht bis zum Rauchpunkt, wir braten hier keine Steaks), das Fleisch von beiden Seiten anbraten bis es schön braun ist. Röstaromen, ne?



Fleisch raus, muss nicht warm stehen, Gemüse, Knoblauch und Kräuter rein, die Hitze runterdrehen auf 1/3. Gut durchmischen, so dass jedes kleine Stückchen mit Fett (ja! Fett! Böses, leckeres Fett!) bedeckt ist.



Nächstes Glas Wein einschenken, trinken, mindestens 30 Minuten bei niedriger Hitze garen lassen. Hier darf nix bräunen, nur Geschmack entwickeln (insaporire). Durchmischen bei Langeweile oder Aktionismus ist ok.

Ordentlich salzen und pfeffern. Schwarzer Pfeffer aus der Mühle oder dem Mörser, Salz nach Möglichkeit auch. Himalaya ist albern, grobes Meersalz ist gut. Maldon Seasalt wenn verfügbar. Muss nicht.

Boden eines nicht zu großen ofenfesten Gefäßes mit ein wenig des Gemüses bedecken, Beinscheiben hineinlegen, den Rest des Gemüses über und neben dem Fleisch verteilen.



Mit Wein auffüllen.
Kommt mir nicht mit Brühe, das ergibt sich aus dem Fleisch und dem Gemüse in den Stunden des Kochens.

Zwei Stunden bei 180° sind ok, fünf Stunden bei 140° sind besser.

Dazu?
Fleisch ist da, Gemüse auch, leckeres Brot um die Soße und - tadaaaaa! - das Mark aus den Knochen (das Beste an dem ganzen) zu genießen kann reichen.
Ich mag dazu gerne Polenta aus der Pfanne, milder Kontrast zu der Intensität des Ossobuco (übrigens: Lochknochen).














1 Kommentar:

  1. Sieht lecker aus und erinnert mich ans Osso Buco im Urlaub in den Dolomiten - Besonders gefällt mir die dunkle Kruste am Fleisch

    AntwortenLöschen

Ja? Bitte?